Inside ECC
In Laos, einem der letzten Lebensräume des vom Aussterben bedrohten Asiatischen Elefanten, hat sich 2018 wahrlich Historisches abgespielt. In den Hauptrollen: 13 Dickhäuter, eine überraschend agile und umsichtige Regierung und das Elephant Conservation Center im Dschungel von Sayaboury.
Ein ungewöhnlicher Gast hatte sich da, an einem Tag im Februar dieses Jahres, auf dem kleinen Wattay International Airport breitgemacht: eine Maschine der Emirates. Die bekommt man in der laotischen Hauptstadt Vientiane üblicherweise nicht zu Gesicht. Doch die Maschine wartete auf eine besondere Fracht: 13 laotische Elefanten sollten nach Dubai in einen Safari-Park geflogen werden.
Doch dann kam der Anruf aus dem Büro des laotischen Premierministers: Der Export der Tiere müsse gestoppt, der Verkauf rückgängig gemacht werden. Der Flieger der Emirates kehrte schliesslich ohne Fracht um. Jetzt stellte sich nur noch die Frage: Wohin mit den Elefanten?
Als einige Tage später eine Karawane von 13 Elefanten mit ihren Mahouts an die Tore des Elephant Conservation Centers (ECC) in der nördlichen Provinz Sayaboury «klopften», war das nicht nur für die Angestellten dort ein überwältigender Moment. Die Elefanten-Karawane mit Tieren im Alter zwischen 5 und 47 Jahren, die ein paar Tage zuvor noch von der Ausschaffung «bedroht» waren, zogen 150 Kilometer durchs Land, vom Thongmixay District nach Sayaboury im Nordosten von Laos. Die 13 Dickhäuter freuen sich dort seither, zusammen mit den bereits im ECC lebenden 17 Elefanten, über ein neues, freies Leben – dank des beherzten Eingreifens der laotischen Regierung.
«Dass die Regierung den Verkauf dieser 13 Elefanten verhindert hat, ist ein historischer Moment für den Schutz der Elefanten in Laos. Illegal exportierte Elefanten kommen nie mehr ins Land zurück und werden nie mehr ihren Teil zum Schutz und der Rettung ihrer Spezies beitragen können», sagt Jozef Coremans, Hospitality Manager beim ECC. Mit den 13 zusätzlichen Elefanten sieht das nun in der Tat ganz anders aus. Möglicherweise helfen gerade diese Tiere mit, ihre eigene Art vor dem Aussterben zu bewahren.
Dass sich die Population des Elephant Conservation Center mit dem «Geschenk» der laotischen Regierung über Nacht praktisch verdoppelt hat, dafür gibt es natürlich Gründe. Nicht genug damit, dass die Regierung so ihren bereits zuvor angekündigten Kampf gegen den Handel mit Elefanten und anderen Wildtieren aus Laos tatsächlich umsetzt. Sie wurden auch deshalb dem ECC zugesprochen, weil sich dieses über die Jahre für den Schutz des Asiatischen Elefanten verdient gemacht hatte.
Das Elephant Conservation Center ist in Südostasien ein Vorzeige- und Vorreiter-Projekt hinsichtlich des Schutzes der stark gefährdeten Tiere. Nebst dem Elefanten-Spital wird seit Jahren auch eine Eco-Lodge betrieben, in der Touristen und Volunteers wohnen und das Leben der Elefanten studieren oder bei der Pflege mithelfen können. Auf Elefanten geritten – wie in anderen Elefantencamps in Laos und Thailand – wird hier nicht.
Mittlerweile hat man die Interaktion zwischen Elefanten und Besuchern auf ein Minimum reduziert – man ist hier, um zu beobachten, zu lernen und zu staunen. «Im ECC sind die Elefanten nicht für Sie da, Sie sind für die Elefanten da…» umschreibt das ECC seinen Ansatz, der so auch viele Volunteers aus der ganzen Welt anzieht. Und das Beobachten ist längst nicht nur Touristenprogramm, sondern auch Ausbildung für die einheimische Bevölkerung. Man wird sich des Erbes im eigenen Land bewusst, ein Land, das früher das «Land der Millionen Elefanten» genannt wurde.
Heute erstreckt sich das Gelände des ECC über 530 Hektar bewaldetes Land an den Ufern des malerischen Nam Tien Lake knappe drei Autostunden von der ehemaligen Königsstadt Luang Prabang entfernt. Die Provinz Sayaboury ist das Zuhause von rund 75 Prozent der in Laos noch lebenden Elefanten und wird deshalb auch als «Elephant Homeland» bezeichnet. Nebst den neu 30 Elefanten – der grössten Herde domestizierter Elefanten in Laos – ist im ECC ein Team von 53 laotischen und internationalen Mitarbeitern zuhause, darunter auch Veterinärmediziner und Biologen.
Mit den neuen Tieren erhält nun auch das Aufzuchtprogramm im ECC unerwarteten Aufwind. Kürzlich konnte das Labor dank einer grosszügigen Spende der australischen Botschaft aufgerüstet werden. So ist es im ECC nun einfacher, die Fruchtbarkeitszyklen der Elefantenkühe zu überwachen und die Paarungsversuche besser zu planen.Der Zuwachs der eigenen Elefantenherde um über 100% fordert aber natürlich selbst ein Elephant Conservation Center. 130 Hektar zusätzliches Land hat man von der Regierung zusammen mit den 13 Elefanten bekommen – das Futter, die Medikamente und medizinische Versorgung der Tiere sowie die restlichen Kosten für den Unterhalt der Herde (inklusive der Entlöhnung der Mahouts, der Elefantenführer) sind für das ECC aber eine Herausforderung.
Während es beim grossen Panda dank umfangreicher Zuchtprogramme gelungen ist, diesen von der Liste der bedrohten Tierarten zu löschen, sieht es beim Asiatischen Elefanten ganz anders aus. In Laos leben heute schätzungsweise noch rund 400 wilde Asiatische Elefanten. Dazu kommen nochmals rund 450 domestizierte Tiere. Gerade diese sind aber ebenfalls stark durch den internationalen Wildtier-Handel bedroht. Ihre Existenzgrundlage in Laos selber hat sich in den letzten Jahren praktisch in Luft aufgelöst: Einerseits geht der Einsatz von Elefanten in der Holzwirtschaft und anderen Schwerarbeiten immer mehr zurück, andererseits greifen bessere Schutzstandards für Elefanten im Tourismus, womit auch diese Einnahmen sinken, weil mit Elefanten als Touristenattraktion nicht mehr viel Geld zu machen ist.
Mit dem Export-Stopp der 13 Elefanten, die in einen Safari-Park nach Dubai hätten gebracht werden sollen, aber auch mit weiteren Erlassen zum Schutz der Tierwelt in Laos, hat die Regierung einen wichtigen Schritt hin zu einer möglichen Rettung der Dickhäuter getan. Das allgemeine Umdenken in der Tourismus-Industrie leistet ebenfalls einen wesentlichen Beitrag zum Schutz der Tiere. Doch noch ist es ein weiter Weg, um den Asiatischen Elefanten zu retten.
Autor: Raphaël Surber | Bild: Celine Gilbert